Polychlorierte Biphenyle (PCB)


Polychlorierte Biphenyle ist die Sammelbezeichnung für eine Substanzgruppe aus 209 strukturell ähnlichen Einzelverbindungen, sog. Kongeneren. PCB, ein ölartiges Gemisch (wasserklare Flüssigkeit), wird seit 1929 hergestellt und wurde in geschlossenen Systemen (durch Gehäuse oder Ummantelung abgeschottet) hauptsächlich als Zusatzdielektrikum für Starkstromkondensatoren, als Isolier- und Kühlflüssigkeit für Transformatoren und Gleichrichter sowie als hydraulische Flüssigkeit eingesetzt.

Seit 1973 darf PCB nur noch in geschlossenen Systemen eingesetzt werden. Seit 1983 wird PCB in der Bundesrepublik nicht mehr hergestellt.

Die am 18.07.1989 in Kraft getretene Verordnung zum Verbot von polychlorierten Biphenylen, polychlorierten Terphenylen und zur Beschränkung von Vinylchlorid (PCB-, PCT, VC- Verbotsverordnung, jetzt ChemikalienverbotsV) untersagt das in den Verkehr bringen von Materialien mit mehr als 50 mg PCB/ kg. 


Bis ca. 1975 fanden PCB Einzug in Gebäude als offene Anwendung (direkter Kontakt zur Umwelt) in Schmiermitteln, Weichmachern für Lacke und Harze, Weichmachern für Kunststoffe, in Papierbeschichtungsmitteln, Klebstoffen, Imprägnier- und Flammschutzmitteln sowie als Zusatz von Kitten, Spachtel-, Dichtungs- und Vergussmassen.

Für dauerelastische Dichtungsmassen (sog. Thiokol-Dichtungsmassen) wurden technische PCB-Gemische des Typs Clophen (A 40, A 50, A 60) eingesetzt. Diese durch PCB weichgemachten Dichtungsmassen wurden z.B. insbesondere als:

 

o   Außenfugen

o   Gebäudedehnfugen

o   Bewegungsfugen zwischen Betonfertigteilelementen

o   Anschlussfugen für Fenster- und Türbereiche

o   Dichtungsfugen für sanitäre Einrichtungen

 

verwendet. Als Isolier-, Flammschutz-, Hydrophobierungsmittel und Weichmacher wurden PCB hauptsächlich auch Lacken und Anstrichen zugesetzt, wodurch Innenräume, die mit diesen Stoffen in Berührung stehen einer besonderen Belastung ausgesetzt sind.

Untersuchungsmethodik zur Bestimmung von PCB in Baustoffen


Das Vorhandensein von PCB kann nur durch entsprechende Analysemethoden identifiziert werden. Ein Befund aufgrund rein visueller Inspektion ist nicht möglich. Gewonnene Materialproben werden gemäß DIN ISO 10382 (GC-MS) auf PCB untersucht. Hierbei werden ausschließlich die sechs Leitkongenere 28, 52, 101, 153, 138, 180 nach Ballschmiter bestimmt und addiert. Gemäß LAGA (Länderarbeitsgemeinschaft Abfall) wird die Summe mit dem Wert fünf multipliziert, um näherungsweise den Gesamt-PCB-Gehalt zu ermitteln. Dieses Vorgehen wird als Summenbildung nach LAGA bezeichnet.


Schadstoffbewertung von PCB

PCB sind persistente (langlebige) chemische Verbindungen, die aufgrund der breiten Anwendung und ihres globalen Einsatzes in Spurenkonzentration bereits allgegenwärtig (ubiquitär) in der Umwelt vorhanden sind. PCB können durch Einatmung, Nahrungsaufnahme und durch die Haut (hohe Resorptionsraten) aufgenommen werden. Aufgrund ihrer Persistenz neigen sie zur Akkumulation, reichern sich in der Nahrungskette an und werden im menschlichen Organismus durch Stoffwechselvorgänge schlecht abgebaut, wobei sie sich besonders im Fettgewebe aufkonzentrieren.

 

Die Kenntnisse zur Toxizität von PCB sind nicht vollständig geklärt. Vorwiegend wird die gesundheitliche Bedeutung durch den Anteil von Furanen und Dioxinen bestimmt. Die akute Toxizität geringer Konzentrationen von PCB ist relativ gering. Bei chronischer PCB-Belastung können Schädigungen des Nerven- und Immunsystems auftreten. Die krebserzeugende Wirkung von PCB konnte bis jetzt nicht nachgewiesen werden, ihnen wird aber eine tumorpromovierende (Auslösung von Krebs begünstigende, beschleunigende Wirkung) Eigenschaft zugesprochen. Im Tierversuch hat sich ein Zusammenhang zwischen PCB und der krebserzeugenden Wirkung von Chemikalien bestätigt. Für Schwangere wird ein fruchtschädigendes Risiko angenommen, reproduktionstoxische Effekte werden nicht ausgeschlossen.

 

Für PCB existieren folgende Hintergrundbelastungen:

Bei Nahrungsmittelaufnahme:    30 - 80 ng/ Tag und kg Körpergewicht

Bei Innenräumen (Luft):                10-100 ng/m3

Außenluft (Jahresmittel Städte):       1,5 ng/m3                                   

1990 legte das Bundesgesundheitsamt Richtwerte für Raumluft mit PCB fest, der sich am NOEL (No observed effect level) von 100 µg/kg Körpergewicht orientierte und im Wesentlichen auf dem Aufnahmeweg Inhalationspfad (10 %) basierte:

Vorsorgewert (tolerabel):                                300 ng/m3 PCB in der Raumluft

Interventionswert:                                          3000 ng/m3 PCB in der Raumluft

 

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft PCB in die Kanzerogenitätsgruppe 2A (wahrscheinliches Humankanzerogen), die EPA (Environmental Protection Agency USA) bewertet PCB als Kanzerogen der Gruppe B2 (wahrscheinliches Humankanzerogen). Eine EU-Einstufung zur Kanzerogenität liegt bis heute nicht vor. In Deutschland wertet die Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe PCB als Kanzerogenitätsverdachtsstoff (Kategorie 3B). In Anhang 3 zu TRGS 500 werden chlorierte Biphenyle als Stoffe ausgewiesen, die einen begründeten Verdacht auf krebserzeugendes Potenzial besitzen (MAK III B).

 

Die TRGS 900 enthält folgende Luftgrenzwerte:

 

MAK (Chlorgehalt 54 %)                0,05 ppm

MAK (Chlorgehalt 42 %)                0,10 ppm

 

Für PCB-Gehalte in Materialproben empfehlen sich ab folgenden Schwellenwerten Raumluftuntersuchungen in Innenräumen für betroffene Gebäudebereiche:

 

Außenfugen mit konstruktiv bedingten Luftverbindungen zu den Innenräumen

 

> 10.000 mg/kg

Fugen, Anstriche, Sonstige 

Primärquellen in Innenräumen

 

>   1.000 mg/kg

Großflächige Anstriche bzw. 

umfangreiche Sekundärkontaminationen

>      100 mg/kg 

 

 

Es existiert bis heute keine einheitliche Regelung für die Bewertung und Sanierung PCB-belasteter Baustoffe und Materialien in Gebäuden. Die Arbeitsgemeinschaft der Bauministerien der Länder (ARGE-BAU) hat 1994 mit der Richtlinie für die Bewertung und Sanierung PCB-belasteter Baustoffe und Bauteile in Gebäuden (PCB-Richtlinie) Empfehlungen zur Bewertung, Sanierung und deren Erfolgskontrolle herausgegeben. Hiernach soll die Raumluftkonzentration nach Abschluss einer Sanierung den Vorsorgewert von 300 ng/m3 PCB in der Raumluft nicht überschreiten.



Der für die Ableitung des heute noch gültigen Sanierungszielleitwertes für Innenräume (300 ng/m3 PCB) zugrundegelegte TRD-Wert (tolerierbare resorbierte Körperdosis) von 1983 (1-3 ng/kg) des ehemaligen Bundesgesundheitsamtes wird angesichts der hohen Hintergrundbelastung in Deutschland, die mit ca. 50 ng/kg und Tag angenommen wird und den „alten“ TRD-Wert deutlich übersteigt, wird auf der Grundlage eines vom Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW beauftragtes wissenschaftliches Gutachten zur „toxikologischen Bewertung polychlorierter Biphenyle (PCB) bei inhalativer Aufnahme“ allgemein empfohlen, den tolerierten Innenraumwert (Vorsorgewert) bei Wohnungen wie bei Räumen mit Nutzung über kürzere Dauer am 95-Perzentil der Innenraum-Hintergrundwerte (Räume ohne spezifische Belastungsquelle) zu orientieren. Dieser Wert liegt bei 100 ng/m3 PCB. In einigen Kommunen und Landkreisen wird derzeit dieser abgesenkte Wert für durchzuführende PCB-Sanierungen als Sanierungszielwert vorgegeben.

 

Der Umgang mit PCB unterliegt der Gefahrstoffverordnung und mitgeltenden Regelwerken. 

Bei Sanierungsarbeiten gelten die TRGS 524 „Sanierung und Arbeiten in kontaminierten Bereichen“ sowie die Richtlinien für „Arbeiten in kontaminierten Bereichen“, BGR 128 (vorm. ZH 1/183). Gemäß der Verordnung über die Entsorgung polychlorierter Biphenyle, polychlorierter Terphenyle und halogenierter Monomethyldiphenylmethane, vom 26. Juni 2000 und TRGS 616 sind PCB-haltige Stoffe und Erzeugnisse mit mehr als 50 mg/kg PCB als Abfälle mit gefährlichen Stoffen (früher: besonders überwachungsbedürftige Abfälle) gemäß EU-AVV zu entsorgen.

 

Formal erfolgt die abfallrechtliche Einstufung von PCB-haltigen Bauabfällen auch weiterhin gemäß LAGA Bauschutt. Als Beurteilungskriterien für die Bauschutt-Entsorgung im Fall von Umbauarbeiten gelten die Zuordnungswerte (Z-Werte) der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) Z0, Z1.1, Z1.2, Z 2. und größer Z2.

Z0 (bis 0,02 mg/kg PCB) definiert unbelastetes Material, Z1.1 (bis 0,1 mg/kg PCB) und Z1.2 (bis 0,5 mg/kg PCB) beschreiben abgestuft gering bzw. mäßig belastetes Bauschuttmaterial, das unter Erfüllung bestimmter Rahmenbedingungen sogar an Ort und Stelle auf dem Grundstück verbleiben kann. Material bis Z2 (1 mg/kg PCB) kann aus abfallrechtlicher Sicht ebenfalls noch unter Einhaltung nach LAGA vorgegebener bautechnischer Sicherheitsbestimmungen verwertet werden. Material mit PCB-Gehalten über Z2 kann nur noch im Deponiebau verwertet werden oder ist abfallrechtlich zu beseitigen.

Da die LAGA-Einstufung nach Z-Werten von sehr niedrigen PCB-Gehalten ausgeht, wie voranstehend dargelegt, hat die Entsorgungspraxis überwiegend zu Entsorgungsanlagen geführt, die für die Annahme von Bauabfällen bis 10 mg/kg PCB, bis 50 mg/kg PCB oder größer 50 mg/kg PCB zugelassen sind